Zu den Vorreitern im Bereich Low-Tech-Architektur gehört das international tätige Architekturbüro Baumschlager Eberle AG. Im österreichischen Vorarlberg steht sein Low-Tech-Bürogebäude mit doppelt gemauerten Wänden, das kaum Energie verbraucht. Zwar stammen die Backsteine nicht von Gasser Ceramic, das Bürohaus zeigt jedoch exemplarisch, wie gut sich Zweischalenmauerwerke für nachhaltiges Bauen eignen.
Der helle Bürobau mit sechs Stockwerken im vorarlbergischen Lustenau ist ein Hingucker. Seine Aussenwände ragen alle paar Stockwerke über die darunterliegende Etage hinaus, so wirkt der Würfel etwas verdreht. Nebst der speziellen Optik zeichnet sich das Gebäude vor allem durch innere Werte aus. Dank Low-Tech-Architektur kommt das Bürohaus ohne Heizung, Kühlung und Lüftungsrohre aus.
Im Gebäude drin sitzt Stefan Corona. Er ist Geschäftsführer der 2226 GmbH, die in der Holding des renommierten Architekturbüros Baumschlager Eberle angesiedelt ist. Das Gebäude trägt den Namen «2226» – aus gutem Grund: «Wir heissen so, weil sich die ideale Raumtemperatur in einem Gebäude zwischen 22 und 26 Grad bewegt», erklärt Stefan Corona. Und er beschreibt, wie es sich im ungeheizten Gebäude leben und arbeiten lässt: «Perfekt. 365 Tage im Jahr, ohne Einbusse beim Komfort. Neben der Temperatur bleiben auch die Luftfeuchtigkeit und Luftqualität auf natürliche Weise im optimalen Bereich.»
Dicke Wände und Frischluft
Das Gebäude kommt neben anderen wichtigen Faktoren auch wegen der 76 Zentimeter dicken Aussenwände ohne Heizung aus. Das Mauerwerk besteht aus zwei Schichten Tonbacksteine à je 38 Zentimeter. Die innere Schicht dient vornehmlich der Statik, die äussere Schicht sorgt durch ihre Luftkammern für eine gute Wärmedämmung.
Der Glasanteil liegt bei diesem Low-Tech-Bürohaus nur bei 16 Prozent. Üblich ist ein Glasanteil von 25 Prozent. Die optimierte Auslegung der Öffnungen ist ein weiterer wichtiger Grund dafür, weshalb das Gebäude ohne Heizung auskommt. «Trotz der kleinen Fenster werden alle Räume bestens mit Tageslicht erhellt», sagt Stefan Corona und ergänzt: «Weil die Fenster schmal sind, jedoch hoch. Kommt hinzu, dass wir die Laibungen mit hellen Oberflächen ausführten und helle und leicht reflektierende Bodenbeläge wählten.»
Ganz ohne Technik kommt das Low-Tech-Haus nicht aus. Sensoren registrieren den CO2-Wert in den Räumen und öffnen automatisch spezielle Lüftungsflügel bei den Vollholzfenstern, wenn Frischluft gebraucht wird. Das Gebäude wird im Sommer in der Nacht durch Querlüftung herabgekühlt.
«Eine Heizung haben wir hier noch nie vermisst»
Stefan Corona, Geschäftsführer 2226 GmbH
Arbeiten ist nicht Wohnen
Dank der massiven Bauweise geht wenig Wärme verloren. Gleichzeitig wird im Gebäude möglichst viel Energie in der speicherfähigen Masse von Böden, Wänden und Decken gebunden. So reicht die Abwärme der Menschen, die sich im Raum aufhalten, der Beleuchtung und der elektrischen Geräte aus, um den Innenraum angenehm zu temperieren. «Eine Heizung haben wir hier noch nie vermisst», versichert Stefan Corona. Der Low-Tech-Bauexperte räumt ein, dass bei Wohnungen die Abwärme der Nutzer und der Geräte kleiner ausfällt. Hier empfiehlt er im Bedarfsfall eine dafür optimal abgestimmte Heizungslösung als Backup vorzusehen.
«Die gesamtheitlichen Anforderungen werden von keinem anderen Konzept so gut umgesetzt.»
Stefan Corona, Geschäftsführer 2226 GmbH
Ausgereifte Konstruktion
Das Architekturbüro Baumschlager Eberle AG realisierte im Vorarlberg bereits mehrere Low-Tech-Häuser nach Vorbild des 2226-Konzeptes. Und kürzlich wurde ein Geschäftshaus in Emmenbrücke bei Luzern eröffnet, das nach dessen Prinzipien funktioniert. Für Stefan Corona sind Low-Tech-Häuser mit entsprechendem Mauerwerk ein Zukunftstrend: «Die gesamtheitlichen Anforderungen werden von keinem anderen Konzept so gut umgesetzt. Zudem werden der Bau und vor allem die Betriebskosten günstiger, weil wir auf viel Haus- und Betriebstechnik verzichten.»
Global tätiges Architekturbüro
Das Architekturbüro Bauschlager Eberle AG wurde 1985 Lustenau/Vorarlberg gegründet. Derzeit betreibt das Unternehmen über 15 unabhängige Dependancen in aller Welt sowie sich entwickelnde asiatische Tochtergesellschaften. Das Werk des Architekturbüros umfasst rund 500 realisierte Projekte auf drei Kontinenten in 20 Ländern.